Tap ist eine Schreibmaschinenschritt. Schreibmaschinen der antiquierten Art tippen jedes ihrer Zeichen nebeneinander auf stets gleichbreite Plätze. Diese Technik ist nicht nur mechanisch einfacher, sie erleichtert auch eine eventuelle Korrektur beim Schreiben. Ein l muß also den gleichen Platz ausfüllen wie ein M. Das sich daraus ergebende Erscheinungsbild kann natürlich ein ästhetisches Typogefühl nicht befriedigen.
Trotzdem ist es erstaunlich, mit welcher Artistik und Raffinesse eine gewisse Gleichmäßigkeit in der Zeilenbildung gelingt. Die waagerechten Balken und Serifen hält man als konstantes Band optisch stärker als die senkrechten, deren Anzahl je nach Zeichen zwischen eins und vier variiert. Die runden Großbuchstaben sind schmal, die B, E, F, P, S breiter als Antiqua-Vergleiche. Über M und W schweigt des Sängers Höflichkeit. Alle senkrechten Serifen schließen die Punzen mit Macht zu. Wo nötig, werden die waagerechten Serifen verlängert, um Löcher zu stopfen.
Oft entsprechen die formal-optischen Eingriffe denen der ausgefuchsten amerikanischen Zeitungsschriften. Tiefe Einkerbungen in spitzen Punzen verhindern dort wie hier ein Zugehen durch Farbpartikel. Auch die Balkenstärken bedürfen einer sorgfältigen Abstimmung: Zu feine Metallstege wären bald abgequetscht, deshalb obsiegen kräftige Details.
Die Kleinbuchstaben haben eine sehr große x-Höhe, weil auch sie die gleiche Breite einnehmen sollen wie die Großbuchstaben. Da sie jedoch niedriger als die Versalien sind, entsteht ein interessanter Kontrast zwischen den eher schmalen Großbuchstaben und den breiten Minuskeln.
All diese bezeichnenden Merkmale einer Schreibmaschinenschrift flossen in den normalen Schnitt der Tap mit ein. Da diese als echte Satzschrift konzipiert ist, das heißt mit unterschiedlichen Breiten der Zeichen, ließen sich allzu heftige Verklemmungen vermeiden. Beispielsweise hat ein i nicht wesentlich längere Serifen als ein n, und ein m schrumpft nicht auf die Breite eines n.
Etwas sehr Wesentliches kommt nun jedoch als Ausdrucksmittel hinzu. Die alten Schreibmaschinentypen sind als kleine Stempel so perfekt glatt und konturscharf geschnitten wie eben möglich und wie jede Satzschrift. Nur der Typenanschlag auf rauhes, nicht satiniertes Schreibpapier durch das textile Gewebe des Farbbands hindurch ergibt die unregelmäßig grobe „Auflösung" - eigentlich unerwünscht, aber für unser Empfinden gerade so sympathisch. Gleiches gilt für die viel zu fetten Interpunktionen, die dadurch entstehen, daß ein gleichstarker Stempelanschlag auf eine kleinere Metalloberfläche das Zeichen mitsamt dem Farbband tief ins Papier drückt.
Es wäre also falsch gewesen, für die Digitalisierung die glatte Kontur des echten Schreibmaschinenstempels anzustreben, d denn erst der grobe Abdruck macht den " Reiz aus. Die aufgelockerte Kontur ist dem digitalen Rechner allerdings nicht so sympathisch wie dem menschlichen Gefühl, denn er will lange, glatte Kurven oder Gerade ausgeben. Insofern Ist die Tap eine antidigltale Schrift. Mit sehr viel Aufwand wurden die zunächst gescannten, aber als noch zu weich empfundenen Linien manuell gesteigert. Schon im Vorfeld des Scannens erfuhren die im Fotosatz verwendeten Reprovorlagen eine zeichnerisehe Überarbeitung und Pointierung.
Die Konturen der Tap-Buchstaben bestehen aus scheinbar regellosen Aus- und Einbuchtungen, Buckel und Dellen. Diese simulieren aber nicht nur die erwähnten reizvollen Eigenarten der Schreibmaschinentypen, sondern dienen gleichzeitig dazu, die eben durch diese Eigenarten auftretenden formalen Unzulänglichkelten zu beheben. Einfacher ausgedrückt: Die Buckeln und Dellen sitzen durchaus nicht wahllos irgendwo, sondern dort, wo sie der großen Form oder der Zeilenbildüng zugute kommen. Betrachten Sie zum Beispiel den hinteren Aufstrich des kleinen a. Dieser ist unten an der Schriftlinie weit eingebuchtet, damit ein folgender Buchstabe dicht heranrücken kann, ohne daß seine Serife berührt wird.
So entstand eine Arbeitsweise, mit deren Hilfe der Entwerfer in viel größerer Freiheit als bei exakter Konturenmalerei mit einem Pinsel das ihm Wichtige hinzufügen oder wegnehmen konnte. Gerade diese Methode kam in der halbfetten und der fetten Ausführung zur Anwendung. Ihre Auswirkung ist dort wegen der dichteren Buchstaben und der geschlosseneren Wortbilder deutlich sichtbar.
Bei fetteren Balken müßte die Konturbewegtheit steigen, um auch in kleinen Schriftgraden erkennbar zu bleiben. Dies verbietet jedoch die größere Balkenmasse und der dadurch eingeschränkte Spielräum. Daher finden sich hier weniger, dafür aber ausgeprägtere Buckel und Dellen. jede Fette folgt so der ihr gemäßen Formgebung.
Beide Varianten entfernen sich von der nostalgischen Grundform der normalen Tap und ähneln mehr einer serifenbetönten Antiqua, die in grobes Material gekerbt wurde. Man kann die halbfette und die fette Tap entweder für sich einsetzen oder als Auszeichnung der normalen verwenden.
Georg Salden über die Entstehung der »Tap«

Handgezeichnete Originale der Tap